Im Bureau

Als ich das Hörbuch im Diogenes Verlag entdeckte, musste ich mir dieses unbedingt bestellen. Den Entscheid habe ich nicht bereut.

Ich bin nicht wirklich der Hörbuch-Typ, aber zwischendurch lasse ich mich doch auf ein Hörerlebnis ein. So nun geschehen, bei „Das Bureau“ nach Texten von Robert Walser (1858 – 1956).

Hörbücher eignen sich bekanntlich gut, während der Verrichtung unliebsamer Tätigkeiten (bei mir ist das bügeln) oder längeren Autofahrten (allein).

Es geht hier um Büroangestellte und ihre Arbeit, deren Marotten und Ziele. Wir haben da zum Beispiel einen Typ, namens Hedinger, Abteilung Buchhaltung. Der ist so auf die „Arbeit versessen“, dass er alle paar Minuten auf die Uhr schaut und still vor sich hin leidet, weil die Zeit partout nicht vergehen will. Jede Unterbrechung ist ihm willkommen, sei das der Toilettengang, den zieht er schön in die Länge, etwas Interessantes auf der Strasse, wo man zum Fenster eilen kann usw.

Sein Chef hat ihn auf dem Kieker, die Kollegen beobachten ihn genau, schauen auf die Uhr, um zu sehen, wie lange er denn ausgetreten ist.

Oder der junge Glauser, sehr korrekt und auf Karriere aus. Damit seine Streberhaftigkeit nicht zu sehr auffällt, streut er schon einmal einen kleinen Fehler in seine Arbeit ein. Er findet zwar, dass er für höhere Tätigkeiten geboren ist, aber er erduldet die niedrige Verrichtung, erträgt den säuerlichen Atem seines Chefs hinter ihm, Hauptsache, er wird eines Tages selber Chef dieser Truppe sein.

Wen haben wir noch? „Meier vom Land“ und „Meier von der Stadt“ oder Germer. Der hat eine Lebensstelle und er muss mit dem Chef-Stellvertreter Rüegg zusammenarbeiten. Sie hassen sich, können sich nicht ausstehen. Germer kann sich sogar erlauben allen und vor allem Rüegg ein „Gehen Sie weg“ an den Kopf zu werfen. „Meier vom Land“ findet, dass Germer krank ist und auf dem Land besser aufgehoben wäre. Und es stelle sich einer vor: seine Frau wird alle paar Wochen beim Chef vorstellig, um diesen zu bitten, ihren Mann doch in Ruhe zu lassen, damit der nicht krank würde!

Die Texte wurden von Robert Walser Ende des 19. Jahrhunderts bis 1945 geschrieben. Im Büroalltag hat sich Einiges geändert, der Umgang miteinander auch, zum Guten, wie zum Schlechten will ich hier nicht erörtern. Aber stammen diese Büroangestellten auch aus einer anderen Epoche, eines ist auch heute noch gleich: es gibt den Unterwürfigen, den Streber, den „Zuspätkommer“, den „wenn es nur endlich Abend wäre“-Typ und andere Gesellen. Die Beobachtungen von Robert Walser sind sehr präzise und die Texte von ausgesprochener Raffinesse. Ich habe mich sehr gut unterhalten und Schwupps – da war doch die Wäsche auch schon gebügelt – 🙂

Da mach ich doch gleich noch einen Reim draus:

Diese Hör-CD hat mich beflügelt                                                                             Schwupps, war die Wäsche auch schon gebügelt

Eine Hör-CD zum selber hören und zum Verschenken. Vielleicht ein Geschenk an Freunde, die im Büro arbeiten?

In diesem Sinne, lauscht wohl