… was man schon fast wortwörtlich nehmen kann. Noch vor wenigen Wochen befand sich in diesem Lokal eine Buchhandlung. Nun ist daraus ein Hundesalon geworden! Hunde boomen anscheinend mehr als die Literatur. Nichts gegen Hunde, aber Bücher sind mir nun mal lieber.
Ich kann mich hingegen noch glücklich schätzen, dass ich in einer Kleinstadt wohne, die noch eine weitere Buchhandlung hat, in der ich bei Bedarf hineinspazieren und meine Wünsche an die Frau bringen kann. In unserer Region mit neun Gemeinden und fast 100’000 Einwohnern ist dies der einzige und letzte Buchladen.
Die Frauen, die diesen Laden betreiben arbeiten mit Herzblut, passen sich neuen Gepflogenheiten an (Onlineshop, E-Books) und stellen jeweils die Büchertische bei Lesungen und anderen literarischen Veranstaltungen. Man kann sich auch mit ein paar netten Leuten im Laden einschliessen lassen und für ein paar Stunden nach Lust und Laune in den Büchern schmökern und einen Apéro geniessen. Das gefällt doch jedem Buchliebhaber.
Ich hoffe sehr, dass diese Buchhandlung noch lange bestehen bleibt. Es wäre erbärmlich, wenn wir, ausser im Internet bestellen, für jedes Buch nach Zürich fahren müssten. Denkt das nächste mal daran, wenn ihr mit einem Klick im Internet bestellen wollt und sucht lieber wieder einmal die Buchhandlung eures Vertrauens auf!
Entdeckt habe ich diesen Koffer voller Bücher, der mich gleich angezogen hat, in einem Antiquariat. Darin ist auch ein Buch von Théodore Monod, enthalten, der selbst die Koffer oft gepackt hat, um sich auf Forschungsreisen nach Afrika zu begeben, vor allem in die Sahara.
Der 1. November ist ein prächtiger Herbsttag, so dass ich das Auto stehen lasse, einen Rucksack mit Wasserflasche und natürlich mit einem Buch befülle, und mich in Richtung Thun aufmache. Ich überquere den Fusssteg über die Kander und freue mich am Lichtspiel im bunten Laub. Nach der Burg Strättligen habe ich einen herrlichen Blick zu den Bergen und über den See. Nach fast einer Stunde Wanderung beschliesse ich, den Rest des Weges mit dem Bus zurückzulegen.
Am Samstag ist Markt, das schöne Herbstwetter lockt die Leute scharenweise in die Gassen. Ich weiche dem Menschenstrom aus und husche in die erste Buchhandlung, obwohl ich Lesestoff dabeihabe.
Kennt ihr das, dass ein Buch euch anfleht „nimm mich bitte, bitte mit“?
Schon sind weitere drei Bücher in meinem Rucksack verstaut. Klingt beinahe nach dem alten Spiel „Ich packe in meinen Rucksack …“ Claudia Piñeiro ist schon drin, Peter Stamm folgt mit einem Erzählband und mit den Bamberger Vorlesungen und verstreuten Texten, ausserdem ein schmales Bändchen von Johan Bargum mit dem Titel „Septembernovelle“ aus dem Verlag mare. Die können sich nun eine Weile miteinander unterhalten 😉
Bei mir wird das Buch heute zur Novembernovelle. Dem Wasser entlang wandere ich Richtung Schadaupark und blicke zum Kleist-Inseli hinüber, zu dem die Öffentlichkeit keinen Zutritt hat, da das Grundstück in Privatbesitz ist. Ich kann gut nachvollziehen, dass sich Kleist hier wohlgefühlt hat, mit diesem atemberaubenden Blick über das Wasser und die majestätischen Gipfel des Berner Oberlandes, allen voran mit Eiger, Mönch und Jungfrau. Diese Gruppe fasziniert mich noch nach -zig Jahren mit ihrer Erscheinung.
Hier wohnte Kleist während seines Aufenthaltes in Thun
Was passt so nah am Wasser besser dazu, als die „Septembernovelle“? Der Verlag mare ist spezialisiert auf Bücher, die immer in einer Form mit Wasser zu tun haben, so auch in dieser Novelle, wo sich zwei Männer zu einer Segeltour treffen, wobei der eine nicht mehr zurückkehrt. So setze ich mich in einen bequemen Sessel des Restaurants, den See vor mir und geniesse entspannt den prächtigen Herbsttag.
Gerne hätte ich dem Tag noch eins draufgesetzt mit einer Fahrt auf dem See, doch leider ist bereits der Winterfahrplan in Betrieb und somit hat das Kursschiff den Anker längst gelichtet und Kurs Richtung Interlaken genommen.
Am Sonntag wiederholt sich das schöne Wetter noch einmal. Ich packe Wolldecke und Proviant ein und setze mich an ein ruhiges Plätzchen auf einem Hügel. Mein Blick schweift immer mal wieder vom Buch über den See. Das Glockengebimmel der Kühe, frische Luft und die Glückseligkeit ein Buch zu lesen, das nenne ich ein perfektes Literatur-Herbstwochenende!
P.S. Während ich diese Zeilen schreibe, regnet es draussen in Strömen und der kalte November hat mich eingeholt. Deshalb zünde ich nun gleich ein paar Kerzen an und setze mich mit dem nächsten Buch und einer Tasse Tee in meinen Lieblings-Lesesessel.
Zum Anlass des diesjährigen Literaturfestivals „Zürich liest“ öffnete der Dörlemann Verlag seine Türen und „lädt Freunde und Leser zu Kaffee und Guetzli und einem Blick in sein persönliches kleines Bücherparadies ein. Die Dörlefrauen freuen sich auf Ihren Besuch.“, wie es im Programm hiess.
Nur eine Tramstation vom See entfernt, im obersten Stockwerk eines alten Gebäudes, finden sich die Räumlichkeiten des kleinen, aber feinen Verlages.
Wir stiegen die Treppen empor und waren schon ausser Atem, als wir im fünften Stock ankamen. Wir drückten die Klingel und eine Verlagsangestellte öffnete uns mit einem Lächeln die Tür und liess uns eintreten.
Ab 14.00 Uhr konnte der Verlag besucht werden und ich hätte nicht gedacht, dass das Lesezimmer schon bald zu eng für die Besucher werden würde und zu meiner Freude waren nicht nur weibliche Leser vertreten, sondern auch männliche.
Wir wurden ins Lesezimmer geführt, wo auf dem langen Tisch bereits Gebäck, Wasserkaraffe und Gläser bereitstehen und eine kleine Auswahl an Büchern zu vergünstigtem Preis. Im Regal stehen alle Titel alphabetisch aufgereiht, in denen die Besucher blättern und lesen dürfen und natürlich kommt es ziemlich schnell auch zum Kauf.
Die Volontärin, die eineinhalb Jahre hier arbeiten kann, erzählte uns Einiges über den Verlag, der 2003 von Sabine Dörlemann gegründet wurde. Angefangen hat alles mit dem russischen Schriftsteller Ivan Bunin, der 1933 als erster Autor Russlands den Literatur-Nobelpreis erhielt. Das schmale Bändchen mit der Erzählung „Ein unbekannter Freund“ wurde zu einem grossen Erfolg und landete auf den deutschen Bestseller-Listen, so dass weitere Werke von Bunin folgten, die teils zuvor noch nicht ins Deutsche übersetzt worden waren. So liegt ein Schwerpunkt des Verlages auf russischer Literatur und immer wieder werden auch vergessene Literaturperlen wiederentdeckt, so diesen Herbst „Das verlorene Wochenende“ von Charles Jackson.
Alle diese Klassiker sind in schönes Leinen gebunden, mit einem Lesebändchen versehen und auch der Vorsatz kann sich sehen lassen. Es macht Freude, diese Bücher in die Hand zu nehmen und noch mehr, sie zu lesen.
Inzwischen werden auch junge, deutschsprachige Autoren verlegt und auch hier scheint der Dörlemann Verlag ein goldenes Händchen zu haben, waren doch gleich zwei Autoren für den „Schweizer Buchpreis“ 2013 nominiert, nämlich Henriette Vásárhelyi mit „immeer“ und Jens Steiner mit „Carambole“, der den Preis schliesslich auch gewonnen hat.
Wer würde vermuten, dass in dieser 5-Zimmerwohnung ein so schönes und wie es scheint auch erfolgreiches Verlagsprogramm entsteht!
Übrigens, der Verlag öffnet auch nach dem Literaturfestival einige Male seine Tür, nämlich am 31.10. / 7.11. / 14.11. / 21.11. / 28.11.2014. Wer in der Nähe ist und Zeit hat, sollte mal einen Blick riskieren, vielleicht ist ja auch einmal die Verlegerin selbst anwesend, was leider bei unserem Besuch nicht der Fall war.
Auf Literatur will manch einer nie verzichten auch nicht während dem Urlaub und daheim auch nicht. Es gibt da so Einiges, um den Hunger nach Literatur zu stillen, deshalb hier einige Tipps, die sich leicht umsetzen lassen:
1. Warum nicht einen Roman eines Autors lesen, der aus dem Urlaubsland stammt? Gibt gleich einen anderen Bezug zum Gastland:
Italien
„Padre, Padrone“ von Gavino Ledda
„Die Frau im Mond“ von Milena Agus
„Arturos Insel“ von Elsa Morante
„Der Himmel im Süden“ von Erri de Luca
Griechenland:
„Alexis Sorbas“ von Nikos Kazantzakis
„Kleine Gemeinheiten“ von Panos Karnetzis Frankreich:
„Chéri“ von Colette „Das Missverständnis“ von Irène Némirovsky
„Madame Bovary“ von Gustave Flaubert
„Ein Sonntag auf dem Lande“ von Pierre Bost Afrika:
„Nirgendwo in Afrika“ von Stefanie Zweig
„Die blauen Menschen“ von Malika Mokkedem
„Hunger nach dem grossen Leben“ von Doris Lessing Dänemark:
„Babettes Fest“ von Tanja Blixen,
„Am Weg“ von Hermann Bang,
„Wie keiner sonst“ von Jonas T. Bengtsson Österreich: „Blasmusik Pop“ von Vea Kaiser,
„Fräulein Else“ von Arthur Schnitzler
„Schlafes Bruder“ von Robert Schneider Holland:
„Oben ist es still“ von Gerbrand Bakker
„Sturmflut“ von Margriet de Moor Rumänien:
„Der blinde Masseur“ von Catalin D. Florescu
„Die Wissenden“ von Mircea Carterescu Ungarn:
„Der Schwimmer“ von Zsuzsa Bánk Schweiz: „Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“ von Thomas Meyer,
„Der König von Olten“ von Alex Capus
„Der Mensch erscheint im Holozän“ von Max Frisch
2. Warum nicht eine Literaturverfilmung ansehen?
„Out of Africa“ nach dem Roman von Tanja Blixen
„Emma“ nach dem Roman von Jane Austen
„Die Wand“ nach dem Roman von Marlen Haushofer
„Jenseits von Eden“ nach dem Roman von John Steinbeck
3. Warum nicht eines der zahlreichen Bücherdörfer besuchen?
Bücherdorf Saint-Pierre-de-Clages
4. Warum nicht den Geburts- oder Wohnort eines Lieblingsautors besuchen und erkunden?
Zürich: Max Frisch, Gottfried Keller
Tessin: Hermann Hesse, Alfred Andersch, Patricia Highsmith
Lourmarin (Frankreich): Albert Camus
London (England): Charles Dickens Odense (Dänemark): Hans Christian Andersen
Torquay (England): Agatha Christie
New York: Paul Auster
Florenz (Italien): Dante Alighieri
Triest (Italien): Susanna Tamaro
Venedig (Italien): Donna Leon
Wien (Österreich): Arthur Schnitzler, Robert Menasse
5. Warum nicht das Grab eines Autors aufsuchen? Rainer Maria Rilke: Raron (Wallis, Schweiz)
James Joyce, Gottfried Keller, Hugo Lötscher: Zürich (Schweiz)
E. T. A. Hoffmann: Berlin (Deutschland)
Wilhelm Busch: Mechtshausen (Deutschland)
Wilhem Hauff: Stuttgart (Deutschland)
Ezra Pound: Venedig (Italien)
Julien Green: Klagenfurt (Österreich)
Selma Lagerlöf: Sunne (Schweden)
Rilkes Grab
5. Warum nicht eine Wanderung oder einen Spaziergang machen, auf den Spuren eines Schriftstellers?
Heinrich von Kleist: Thun (Schweiz)
Robert Walser: Zürich (Schweiz)
Charles Dickens: London (England)
Daphne du Maurier: Cornwall (England)
Max Frisch: Tessin (Schweiz)
Carl Zuckmayer: Oberengadin (Schweiz)
Theodor Fontane: Mark Brandenburg (Deutschland)
Thunersee zu Kleists Zeit
6. Warum nicht ein Museum besuchen, das einem Schriftsteller gewidmet ist?
Wilhelm Busch: Museum Wilhelm-Busch-Haus in Mechtshausen (Deutschland)
Jane Austen: Jane Austen’s House Museum, Chawton, Alton (England)
Friedrich Dürrenmatt: Centre Dürrenmatt, Neuchâtel (Schweiz)
Hermann Hesse: Museum Hermann Hesse, Montagnola (Schweiz) oder Hermann Hesse-Museum, Calw (Deutschland) Ella Maillard: Espace Ella Maillard, Chandolin, Val d’Anniviers (Schweiz) Daphne du Maurier: Schmugglermuseum im Jamaica Inn, Bolventor (England)
Colette: Saint-Sauveur-en-Puisaye (Burgund, Frankreich)
Daphne du Mauriers Schreibmaschine im Schmugglermuseum
7. Warum nicht in eine Biographie über einen Autor eintauchen, von dem man schon immer mehr wissen wollte?
8. Warum nicht Freunde zum Essen einladen und über gelesene Bücher diskutieren oder schöne Passagen daraus vorlesen?
9. Warum nicht in einer fremden Stadt ein Antiquariat besuchen und ein wenig stöbern?
10. Warum nicht im Ferienland eine öffentliche Bibliothek aufsuchen und schauen, wie diese so funktioniert und was sie alles anbietet und vielleicht in den Regalen stöbern und schauen, ob auch einige Autoren von daheim vertreten sind?