Kürzlich ist der fünfte Roman von David Guterson „Der Andere“ im Hofmann und Campe Verlag erschienen und schon sitzt der Autor für eine Lesung in Zürich.
Trotz des sommerlichen Frühlingabends ist das Publikum relativ zahlreich erschienen. Dafür bedankt sich David Guterson gleich vorweg, denn seit Sonntag weilt er bereits in der Stadt und hat gesehen, wie die Menschen sich draussen tummeln und es im Freien geniessen.
Der Gesprächsleiter, dessen Name ich nicht verstanden habe, weil er wie aus der Pistole geschossen kam, fragte David Guterson natürlich gleich, nach Büchern in seinem Leben. Der Autor erzählt, dass er in einem Haus mit vielen Büchern aufgewachsen sei, da die Mutter sehr gerne las. Als Junge interessierten ihn Bücher über Sitting Bull und andere historischen Figuren. Erst im Alter von zwölf, dreizehn Jahren begann Guterson auch Romane zu lesen.
Die Frage, wann David Guterson begonnen habe zu schreiben, musste ja kommen. Er habe erst mit Schreiben begonnen, als er schon über zwanzig Jahre alt gewesen sei. Viele Jahre verfasste er nur Kurzgeschichten und wagte sich erst im Alter von dreissig Jahren an den ersten Roman, der gleich ein Welterfolg wurde „Schnee der auf Zedern fällt“.
Short Stories sind wie ein Sprint, man könne keine Mittel- oder Langstrecke laufen, wenn einem vorzeitig die Puste ausgehe und einen langen Atem brauche es für einen Roman. Entweder man sei für den Roman geschaffen oder dann lasse man es halt bleiben.
David Guterson scheint zu den Langstreckenläufern zu gehören, oder zumindest zu den Mittelstreckenläufern, so wie seine beiden Protagonisten, die sich als Teenager bei einem Mittelstreckenlauf kennenlernen und trotz unterschiedlicher Familien beste Freunde werden.
Den Anfang seines Romans „The Other“, wie er im Original heisst, liest der Schriftsteller vor. Und dazu legt er seine Brille auf den Tisch, die er zuvor getragen hat. „Andere in meinem Alter setzen sich die Brille auf, ich setze sie ab“, meinte Guterson grinsend.
Es ist schwierig für mich, dem ganzen Gespräch, das in englischer Sprache geführt wird, zu folgen, denn „Der Andere“ habe ich, ausser den Anfang, noch nicht gelesen. So waren mir einige Fragen überhaupt nicht verständlich, weil mir der Zusammenhang fehlte. Ich hätte es begrüsst, wenn der Gesprächsleiter das Publikum den Kontext zum Roman erklärt hätte. Eine längere Passage der deutschen Übersetzung las der Schauspieler Sebastian Arenas.
Zum Abschluss konnte das Publikum Fragen stellen, nur waren das gerade einmal zwei und der Aussprache nach zu urteilen, kamen diese von Amerikanern. Unter anderem wird er gefragt, was er als nächstes plane. Er schreibe öfters Gedichte und Erzählungen und er hoffe, dass er nächstes Jahr ein Buch mit neuen Erzählungen veröffentlichen könne.
David Guterson meinte abschliessend, dass er seit Sonntag in Zürich sei. Er hat das traditionelle Frühjahrsfest „Sechseläuten“ also gleich zweimal miterlebt, nämlich den Kinderumzug am Sonntag und am Montag den Hauptumzug. Er hätte eine Menge über die Zünfte gelernt, die am Umzug eine wichtige Rolle spielen. Und er hätte je länger je mehr Fragen gehabt. Schliesslich bedankte er sich noch beim Übersetzer des Buches, Georg Deggerich, für dessen Arbeit. Er selber spreche nur wenig Deutsch, aber er sei sicher, dass Deggerich seinen Roman gut übersetzt habe.
Beim Büchertisch, in lockerer Atmosphäre, wurde das Wort dann doch noch an den Autor gerichtet, als er seine Bücher geduldig signierte. Ich habe einen äusserst sympathischen Mann getroffen und freue mich nun, einen weiteren Roman von ihm zu lesen.