Aus Anlass des 50. Todestages von Hermann Hesse ist im Kunstmuseum Bern, noch bis 12. August 2012, die Ausstellung „…Die Grenzen überfliegen, der Maler Hermann Hesse“ zu sehen. Das war ein Grund für mich, wieder einmal einen Ausflug in unsere Hauptstadt zu machen. Es war ein warmer Tag, ein Sommertag, mitten im Frühling. Da war es mir nur recht, für eine Weile der Hitze zu entfliehen. Das Kunstmuseum liegt mitten in der Stadt und ist vom Bahnhof nur ein Katzensprung entfernt.
Eine angenehme Ruhe lag über den Räumen. Auch hier fiel mir auf, dass hauptsächlich Frauen durch die Ausstellung flanierten. Ich war vom ersten Moment sehr angetan, was ich zu sehen bekam. Die Aquarelle von Hesse haben mir schon immer gefallen, vor allem jene, bei denen die Farben Rot, Gelb und Grün zum Einsatz kamen. Oft ist die Casa Rossa (das rote Haus), auch Haus Bodmer genannt, auf den Bildern zu sehen. 1926 schrieb Hesse „ich bin kein guter Maler, ich bin ein Dilettant“. Meines Erachtens stellte er sich selbst unter den Scheffel.
„Aquarelle von August Macke sind für mich stets der Inbegriff der Aquarellmalerei gewesen […….]. Ich besitze die meisten Macke-Reproduktionen. Er ist für mich neben Moilliet der liebste Aquarellist.“ Hermann Hesse an Alex Vömel im März 1956
Einige Bilder erinnerten mich auch stark an Paul Klees Bilder während seiner Tunesienreise.
Seine Briefe hat er, ob handschriftlich oder mit der Schreibmaschine, auf selbst gemalten Briefbögen verfasst, wie er sagte auf Hermann-Briefbögen. Wie gerne hätte ich einen solchen Brief erhalten, sind es doch alles kleine Kunstwerke. Im Zeitalter von E-Mail und SMS wäre es eine Freude, ein so schön gestaltetes Dokument zu erhalten.
In einem seiner Briefe heisst es
„Liebe Lene
Hab Dank für Dein liebes Geburtstagsbriefchen, das mich sehr gefreut hat! Die Mutter ist hoffentlich nicht eifersüchtig, dass ich dir auf einem Hermann-Briefpapier schreibe – aber sie hat ja viele und Du nicht!“
Was für eine äusserst gute Kombination mit dem Talent des Schriftstellers und Malers gesegnet zu sein. Hesse versuchte zwar immer wieder, mit der Malerei von der Literatur loszukommen.
Er schrieb Gedichte, die er mit Illustrationen zierte und legte sie in Gedichtmappen an, die er als Auftragsarbeit für Kunden erledigte, die diesen Wunsch an ihn herantrugen. Er versuchte immer, mindestens zwei Mappen vorrätig zu haben, falls jemand eine Mappe von ihm erwerben wollte. Mit dem Geld finanzierte er Hilfspakete an die Armen in der dritten Welt.
Seine Motive waren neben der Casa Rossa, die Landschaften des Tessins, auch Selbstporträts und Stilleben zählten zu seinem Schaffen. Das Tessin sah zu seiner Zeit, in den 1920er-Jahren noch ganz anders aus als heute. Wie viele alte und ehrwürdige Villen mussten irgendwelchen lieblosen architektonischen Bausünden weichen! Mit seinen Malutensilien durchstreifte er die Gegend und zog sich so von der wirklichen Welt in sich zurück. Er wusste selbst, dass dies ein grosses Glück war. Hesse lebte nicht nur im Tessin, in Montagnola, sondern u.a. in Bern (1912 – 1919). Zum Berner Wohnort findet auch „ein literarischer Spaziergang rund um seinen Wohnort Melchenbühl“ statt.
1926 – 27 hat Hesse während den Wintermonaten auch in Zürich gewohnt. Da wurde er zum ersten Mal in seinem Leben zu einem Maskenball mitgenommen. Er war begeistert. An einen Freund schrieb er später: „[…] Es ist eine unglaublich schöne Frau darunter, ihretwegen hat es sich gelohnt, dass ich schnell noch vor dem Altwerden den Foxtrott und den Boston gelernt habe […]“
Ich konnte nicht widerstehen und habe mir im Shop den Ausstellungs-Katalog und „Piktors Verwandlungen“ gekauft, in diesem Büchlein ist das Märchen mit Faksimile der Handschrift und seinen Illustrationen enthalten.
Die Ausstellung hat sich wirklich gelohnt. Danach trat ich mit einem Glücksgefühl wieder in das gleissende Licht auf die Strasse. Es empfing mich eine Temperatur von 29 Grad und das im Frühling!