Literarische Streifzüge durch England

Durch England zu fahren, ohne Literatur zu konsumieren, geht für mich natürlich gar nicht. So möchte ich hier ein wenig berichten, was ich so alles, rund ums Buch und die Literatur erlebt und gesehen habe.

Die ersten zwei Tage waren wir zwar in der Nähe von Dorchester, der Heimat von Thomas Hardy. Ich habe mir aber einen Ausflug ins Museum verkniffen, da noch andere Streifzüge geplant waren.

In Torquay angekommen, wo wir Station machten, kommt man an einem Namen nicht vorbei, Agatha Christie. Die Autorin ist hier aufgewachsen und auf der „Agatha Christie Mile“ kann man ihren Spuren folgen. Einige Orte sind nah zusammen und lagen, nach unserem Küstenspaziergang, quasi auf dem Retourweg zum Hotel.

Zuerst hielten wir Ausschau nach der Bronzebüste, die 1990 vom holländischen Bildhauer Carol Van den Boom-Cairns geschaffen und von Rosalind Hicks, Agatha Christies Tochter, eingeweiht wurde.

Fast unscheinbar steht sie schräg gegenüber des Edwardian Pavillons. In diesem Gebäude hielt ihr erster Mann, Archie Christie, nach einem Konzert, um ihre Hand an. Heute sind hier einige Läden untergebracht. Einen Blick sollte man, vor allem wegen der schönen Stuckdecke, hineinwerfen.

Durch den Princess Park spaziert man am Theater Princess Gardens vorbei, das in „ABC Murders“ vorkommt, anschliessend zum Princess Pier, im Geburtsjahr der Autorin gebaut (1890), wo Agatha gerne Rollschuh laufen ging.

Schon von weitem sieht man auch das Grand Hotel, in dem sie mit ihrem ersten Mann Archie 1914 die Hochzeitsnacht verbracht hat.

Greenway „the loveliest place in the world“, so nannte Christie ihr Feriendomizil, am Ufer des Dart. Und wenn man dann am Fluss steht und dann durch den schönen Garten schlendert, die üppige Vegetation betrachtet, mit Bäumen, die über 150 Jahre alt sind und in den Himmel zu wachsen scheinen, so kann man die Autorin verstehen. Gerade im Frühling, wenn auch Azaleen, Rhododendren oder Kamelien blühen, wirkt der Garten frisch und bunt.


Das Haus wurde ab 1967 auch das Domizil ihrer Tochter Rosalind und deren Mann Anthony Hicks. Das Anwesen wird seit 2004 durch den National Trust verwaltet.

Im Haus darf man nicht fotografieren. Es ist aber vollgestopft von Sammelstücken jeglicher Art, sei das Porzellan, Gegenstände aus Papier-Maché, Teppiche oder der Hutsammlung von Anthony Hicks. Eine Angestellte meinte, die Familie habe einfach alles gesammelt.

Nach einem Arbeitsplatz schaut sich der Besucher vergeblich um. Auch die Fotografen, die Christie hier besuchten, fragten immer nach dem Schreibplatz, doch den gab es nicht. Die Autorin konnte überall schreiben. Allerdings ist keines ihrer Werke in Greenway geschrieben, sondern höchstens korrigiert worden.

Als wir in Cornwall durch St. Ives flanierten, schaute ich zufälligerweise an ein Haus, in dem Daphne du Maurier in den 1940er-Jahren oft gewohnt hat.

Wir folgten ihr an den Schauplatz ihres Romans „Jamaica Inn“. Einst als Kutscher-herberge genutzt, machte es diese Autorin in ihrem Buch zu einem Schmugglerplatz.

So wundert es einen kaum, dass heute auch ein Schmugglermuseum darin untergebracht ist. Von vergangenen Jahrhunderten bis heute erfährt man hier, was und wie geschmuggelt wurde. Selbstverständlich tritt man zuerst in die Räume, die Daphne du Maurier geweiht sind, so kann man sich Fotos aus ihrem Leben anschauen, ihre Romane in anderen Sprachen betrachten  oder darüber staunen, wie man auf einer so monströsen Schreibmaschine Weltliteratur schreiben konnte.

Frederick Browning
Daphne du Mauriers Ehemann

Auch in St. Ives gibt es, ausser all den Souvenirläden, Cafés und Naschlokalen eine Buchhandlung (!), da musste ich natürlich hinein. Der kleine Laden hat etliche Bücher im Angebot, die von Autoren signiert wurden. So konnte ich nicht widerstehen und kaufte mir das neueste Werk der englischen Schriftstellerin Marina Lewycka, von der ich bereits „Eine kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch“ oder „Das Leben kleben“ gelesen habe.

Ausserdem habe ich ein kleines Büchlein erstanden, das St. Ives in Wort und Aquarellbildern, an einem Tag im August zeigt „A day in St. Ives“ von Sue Lewington. Im August werden die Gassen sicher erst recht von Touristen verstopft sein.

In Padstow erfreute mich dann ein ganz anderer Anblick. Es gibt sie, die Spezies Mann die liest. Der junge Mann hielt ein altes Buch in seinen Händen und nichts konnte ihn bei seiner Lektüre ablenken. Ich musste ihn einfach fotografieren, denn er sieht doch aus wie aus einer anderen Zeit.

In Padstow steht das Herrenhaus Prideaux Place, ein grosses Anwesen aus der Zeit von Elisabeth I., erbaut Ende des 16. Jahrhunderts von Sir Nicholas Prideaux. In diesem Prachtshaus wurden schon viele Filme gedreht, nicht nur Rosamunde Pilcher-Filme, sondern auch Kinofilme, in denen Peter O’Toole, Helena Bonham Carter oder Ben Kingsley mitwirkten, um nur einige zu nennen.

Und in der Tat, das Haus konnte man gerade als wir da waren, nicht besichtigen, weil wieder gefilmt wurde. Also schauten wir uns die Gebäude von aussen an. 81 Zimmer hat das Herrenhaus und gerade deren 6 werden noch von der Besitzerfamilie Peter Prideaux-Brune bewohnt.

Auch schöne Leseörtchen hatte ich: Ein Zimmer mit Aussicht, wie diesem auf der Farm

oder über dem Atlantik bei Mawghan Porth