Literatursommer im Fernsehen

Filmrolle

Zehn literarische Tipps habe ich im letzten Beitrag bereits gegeben. Jetzt ergibt sich die Gelegenheit, im August einige literarische Delikatessen im Fernsehen zu entdecken. Wie immer findet man diese auf dem Kultursender Arte.

Der Literatursommer auf Arte zeigt vier literarische Dokumentarfilme, nämlich:

6. August 2014, 21.30 Uhr

„Solowki – Die verschwundene Lager-Bibliothek“
von Elisabeth Kapnist (Frankreich 2013)

Der Solowki-Archipel liegt im Weissen Meer, wo sich auf der grössten Insel ein Kloster aus dem 15. Jahrhundert befindet. Es beherbergte in den 1920er-Jahren ein Straflager für politische Häftlinge. In diesem Kloster befindet sich eine einzigartige Bibliothek. Die Filmemacherin geht der Geschichte dieser Bibliothek in diesem Film nach.

13. August 2014, 21.35 Uhr

„Der Buchhändler von Belfast“
von Alessandra Celesia (Frankreich/Irland 2012)

Eine Hommage an die Stadt Belfast, in der neben drei Musikern auch der Buchhändler John Clancy porträtiert wird.

20. August 2014, 21.50 Uhr

„Die Wolkenbibliothek“
von Pier Paolo Giarolo (Frankreich 2012)

Ähnlich wie der Biblioburro bringt ein Bibliothekar Bücher in die abgelegenen Bergdörfer Perus zu den Lesern. Für die „Biblioteca rurales“ oder auch Wolkenbibliothek genannt, nimmt der Bote mehrtägige Fussmärsche in Kauf und leistet mit seiner Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Bildung der Bevölkerung.

27. August 2014, 23.15 Uhr

„Auf der Such nach den Lesern“
von Thierry Thomas (Frankreich 2000)

Sechs Leser erzählen, wie sie mit Marcel Prousts Werk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ umgegangen sind.

Filmrollen

Und wer an den Dokumentationen noch nicht genug hat, kann sich die zweiteilige Filmbiographie über die französische Autorin Françoise Sagan ansehen:

21. August 2014, 20.15 Uhr

„Bonjour Sagan (1/2): Ein charmantes kleines Ungeheuer“

und um 21.45 Uhr (2/2): „Blaue Flecken auf der Seele“
Regie: Diane Kurys (Frankreich 2008)
Darsteller: Sylvie Testud, Guillaume Gallienne, Pierre Palmade u.a.

Filmrollen

oder die Literaturverfilmung nach dem Roman von Henry James
25. August 2014, 20.15 Uhr

„Portrait of a Lady“
Regie:Jane Campion (USA, 1996)
Darsteller: Nicole Kidman, John Malkovich, Barbara Hershey, Mary-Louise Parker u.a.

Für literarische Abwechslung ist also auch ausserhalb der Buchdeckel gesorgt, vor allem, wenn sich der Sommer weiterhin von seiner nassen Seite zeigen sollte. Und ansonsten kann man sich ja einen Vorrat für den Winter, durch Aufnahme der Sendungen, anlegen 😉

Viel Spass!

„Die Heimkehr“, eine Literaturverfilmung

Am Samstag stieg ich (schon wieder) in die Katakomben des Antiquariats. Ich war auf der Suche nach Büchern von Hermann Hesse. Die Gesamtausgabe seines Werks hätte ich erstehen können, mit über 14’000 Seiten. Auch die Jubiläumsausgabe zum 100. Geburtstag des Autors, aus dem Suhrkamp-Verlag, war vorhanden. Ich habe mich für Erzählungen, eine Jubiläumsausgabe mit den Romanen „Gertrud“ und „Rosshalde“, ein Taschenbuch „Bäume“ Betrachtungen und Gedichte, und für „Der Lateinschüler“ und „Der Blütenzweig“ entschieden. Im „Lateinschüler“ lag eine Bleistiftzeichnung mit dem Selbstporträt Hesses, aus dem Jahre 1954 (nein, kein Original, ein Druck!).

Die Verfilmung der Erzählung „Die Heimkehr“ hatte ich mir letzte Woche, auf ARD, angesehen und wollte wissen, wie das nun mit der Nähe zur Erzählung aussieht. Es ist ja so eine Sache mit Literaturverfilmungen. Ich denke da bsp.weise an John Steinbecks „Jenseits von Eden“ mit James Dean in der Hauptrolle. Ich erkannte im Film das letzte Drittel des Romans wieder, der Rest blieb auf der Strecke. Als ich vor einigen Jahren „Herr Lehmann“ von Sven Regener gelesen hatte, habe ich viel gelacht, tat mir die Verfilmung dann gar nicht erst an, denn ich wollte mir die Phantasie, die ich beim Lesen entwickelt hatte, bewahren. Romane von Charles Dickens oder Jane Austen wurden x-mal verfilmt (ob gut oder schlecht weiss derjenige, der die Romane gelesen und die Filme gesehen hat). Diese Schriftsteller konnten sich auch gar nicht gegen eine Verfilmung ihrer Werke wehren, wie es Hermann Hesse, Zeit seines Lebens, getan hat. Durchaus verständlich, wenn man nun die Erzählung einmal mit dem Film vergleicht. Wer weiss, ob er nicht entsetzt wäre, weil Vieles neu hinzugefügt wurde.

Aus dem Heimkehrer August Schlotterbeck, in seine Geburtsstadt Gerbersau, wurde im Film August Staudenmeyer. Den Jugendfreund Mohrle, dem er schon bald im Gasthaus begegnet, existiert im Buch überhaupt nicht. Der verstorbene Ehemann der Witwe Entriss war in Tat und Wahrheit nicht Fabrikant, sondern Gerichtsvollzieher. Die Schwägerin der Witwe  kommt ebenfalls nicht im Feuer um, sondern wird tatsächlich in eine Anstalt überführt. Über die Witwe wurde auch in der Erzählung Schlechtes nachgesagt, aber nicht, dass sie eine Hure sei, und die eifersüchtige Ehefrau des Bürgermeisters, der der Witwe nachstellt, kommt ebenfalls nicht vor. August Schlotterbeck wohnt in einem Häuschen neben der Witwe und hat freie Bahn, was das Werben um Frau Entriss betrifft, denn da ist kein „Mohrle“, der ebenfalls an der Frau interessiert wäre.

Hätte ich „Die Heimkehr“ gelesen, bevor ich mir den Film angeschaut hätte, wäre ich doch sehr erstaunt gewesen, was aus dieser Geschichte geworden ist. Der Regisseur Jo Baier hat mit vollen Händen aus seiner Phantasie geschöpft. Er hat dies sicher getan, damit der Fernsehfilm neunzig Minuten lang werden konnte und durch die neuen Personen und eine abgeänderte Handlung Spannung erzeugt wurde. Hätte sich Baier exakt an die Erzählung gehalten, viele Zuschauer hätten vielleicht weggezappt. Der Film vermittelt nicht dasselbe wie die Erzählung.

Ja, so ist das mit Verfilmungen von Romanen und Erzählungen, entweder man wird vom Film oder vom Buch enttäuscht. Deshalb mute ich mir in den meisten Fällen die Verfilmung einer Literaturvorlage nicht zu, wenn ich das Buch bereits gelesen habe, denn mein Kopf hat beim Lesen einen ganz anderen Film gedreht. In den meisten Fällen würde ich sicher enttäuscht. Einen guten Artikel zu einer erneuten Literaturverfilmung, „Am Hang“ von Markus Werner, hat vor einigen Tagen die NZZ gedruckt und ist auch online nachzulesen.

Wie seht ihr das? Schaut ihr euch Literaturverfilmungen an oder lest ihr, nachdem ihr eine Verfilmung gesehen habt, auch das Buch? Kennt jemand diese Erzählung ebenfalls und was ist eure Meinung dazu?