Paul Auster zu Besuch in Zürich

Das Literatur-Festival „Zürich liest“ 2014 ist bereits wieder Geschichte. Bereits am Freitagabend durften die Besucher des Festivals ein erstes Highlight der Literatur geniessen. Paul Auster, der bereits wieder mitten in einem neuen Romanprojekt steckt, nahm sich trotzdem die Zeit, und beehrte Zürich mit einem Besuch. Er musste ein Versprechen einlösen, dem er mit seinem Auftritt nachkam, was seine Fans natürlich freute.

An erhöhter Lage, nämlich im Theater Rigiblick, einem Ort über den Dächern von Zürich und mit Blick über die Stadt und in die Berge, fand die Lesung mit anschliessendem Gespräch statt. Elisabeth Bronfen, Professorin für Anglistik und Lehrstuhlinhaberin am Englischen Seminar der Universität Zürich, machte eine Einführung zu einigen Orten, an denen Paul Auster gelebt hat und fand es aufregend neben einem ihrer bevorzugten Autoren zu sitzen. Sie meinte, dass sie die Einzige sei, die ihm heute Abend Fragen stellen könne „we don’t take questions from the audience!“. Bevor Paul Auster die Lesung begann, betonte er jedoch, wenn er Bücher signiere werde er sehr wohl mit dem Publikum sprechen.

Paul Auster

Eigentlich war gemäss Programm vorgesehen, dass er aus einem unveröffentlichten Werk lesen sollte. Da Paul Auster dachte, dass die Veranstaltung zweisprachig durchgeführt würde und der Text ja noch nicht ins Deutsche übersetzt sei, lasse er das Manuskript zuhause. Wenn es einfach gewesen wäre, wäre Auster schnell nach Brooklyn gedüst und in zehn Minuten wieder mit seinem Text zurückgekehrt, wie er meinte. So las er denn aus seinem autobiographischen Werk „Winterjournal“ und aus den „Gesammelten Erzählungen“ den Text „White Spaces“, der im Jahr 1978 entstanden ist.

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Nach der Lesung stellte er sich den Fragen von Elisabeth Bronfen, die ziemlich aufgekratzt wirkte. Die Moderatorin wollte wissen, ob er sagen könne, woran er im Moment arbeite. Nach fünf autobiographischen Werken sitzt Paul Auster wieder an einem Roman, an dem er schon seit eineinhalb Jahren dran ist und es vielleicht noch könne noch weitere zweieinhalb Jahre dauern. Eigentlich seien es vier Bücher in einem. Es soll die Geschichte eines Mannes und seiner Familie erzählen. Der Mann ist jetzt gerade in der High-School und er habe schon fünfhundert Seiten geschrieben. Ob das ein Dreitausend-Seiten Roman geben werde, wollte Bronfen wissen. Nein, nein, vielleicht tausendeinhundert Seiten, meinte Auster. Er habe noch keine Ahnung, wohin ihn die Reise beim Schreiben führen werde. Es sei ein Abenteuer, jeder Tag bringe etwas Neues.

Paul Auster schreibt nach wie vor seine Texte alle von Hand. Im Zeitalter von Computer scheint das eher ungewöhnlich, für ihn ist dies jedoch ganz normal, schliesslich habe jeder von uns einmal angefangen, mit Feder und Bleistift zu schreiben. Seit er ein Teenager von fünfzehn Jahren war und mit Schreiben begann, keine Schreibmaschine zur Verfügung stand, schrieb er von Hand und es füllte sich gut an. Mit einem Keyboard komme er nicht zurecht. Für ihn sind die Hand, die einen Stift führt und das Hirn eng miteinander verbunden. Es sei ein schönes Gefühl zu sehen, wie sich die Buchstaben ins Papier eingraphieren würden. Danach hackt er die Texte noch in seine Schreibmaschine. Jemand tippt dann das Geschriebene für den Verlag noch am Computer. Bronfen wollte ihm unterstellen, dass er im Zweifingersystem schreibe. Da widersprach er vehement,  denn er hat schon an der Junior High-School einen Schreibmaschinenkurs belegt, das sei das Beste gewesen, das er gelernt habe. Es sei doch eigentlich völlig egal, ob ein Text handschriftlich verfasst werde oder am Computer, wichtig sei bloss, dass es funktioniere.

Dann die Frage, wie er zu den Themen für seine Bücher komme. Es fange plötzlich etwas zu Summen in seinem Kopf und er wisse noch nicht was es sei. Dann höre er plötzlich diese Musik, die Musik eines Buches. Das seien weniger gewisse Situationen, als eher Charaktere, die entstehen würden. Irgendwann beginne er zu schreiben und manchmal rufe ihm ein Charakter zu „Gib mir ein Leben, bring mich zu Papier, ich möchte atmen“.

Er erzählt von seiner Liebe zum Film, gibt auch die eine oder andere Anekdote zum Besten, wofür er Lacher erntet, schneidet kurz die Politik und die Wirtschaft Amerikas an, die so sehr mit der Europas gekoppelt ist und nicht alles so läuft, wie es sollte. Ein interessanter und unterhaltsamer Abend mit Paul Auster geht mit der Signierung seiner Bücher – und es sollen doch bitte nicht mehr als fünf Bücher zum Signieren vorgelegt werden – nach fast eineinhalb Stunden zu Ende. Ich gebe mich deshalb mit zwei signierten Büchern zufrieden 😉

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Paul Auster im DU

Die Schweizer Kulturzeitschrift DU widmet die November-Ausgabe 2013 dem amerikanischen Schriftsteller Paul Auster.

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Der israelische Schriftsteller David Grossman, der mit Auster befreundet ist, hat eine Hommage geschrieben. Mit der Journalistin Alexandra von Arx führte Paul Auster ein Gespräch in seinem Haus in Brooklyn, für das eineinhalb Stunden vorgesehen waren, aus denen dann drei Stunden wurden. Er gibt in diesem Interview Einblick in seine Arbeit als Autor, erzählt von der Zeit, als er für den Film tätig war, erklärt, dass Literatur und Sport sich durchaus miteinander vereinen lassen und natürlich erzählt er von seiner Familie und der Ehe mit der Schriftstellerin Siri Hustvedt.

Das Magazin ist unter anderem in fünf Sparten aufgeteilt: Schreiben, Leben, Tod, Liebe und Familie und Freunde.

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Die Fotografin Nina Berman hat die elf Wohnorte in New York bildlich festgehalten und Daniel Schreiber geht in „Strahlendes Gift“ der Frage nach, ob das Trinken berühmter Autoren, ein Klischee oder die Wahrheit ist, denn auch Paul Auster ist dem Trinken nicht abgeneigt. Die beiden Ehefrauen Lydia Davis und Siri Hustvedt ist ebenfalls ein Beitrag gewidmet. Bei Rohwolt wird 2014 Austers Buch „Report from the Interior“ in Deutsch „Bericht aus dem Inneren“ erscheinen. Man kann sich schon einmal in einem Vorabdruck ein Bild über den Inhalt machen. Und selbstverständlich darf eine Zusammenfassung von Leben und Werk auch nicht fehlen.

Für alle Auster-Fans oder für die, die es werden wollen, ist das DU-Magazin äusserst empfehlenswert – ja, ich würde sagen ein Muss.

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