Das Wetter war am Samstag perfekt, um mir die Altstadt von Aarau einmal genauer anzusehen. Rasch liess ich den Bahnhof hinter mir, ein viereckiger Klotz, der auf mich ziemlich gesichtslos wirkte. Mein erstes Ziel führte mich zum Markt. Ein Muss für mich in jeder Stadt. Es herrschte ein reges Gedränge und die Marktbesucher standen an einigen Ständen regelrecht Schlange. Ich liebe den Duft von frischem Gemüse und saisonalen Früchten in allen Grössen, Formen und Farben. Da gab es unter anderem Fleischtomaten, die so riesig waren, dass eine einzige Frucht für einen Salat gereicht hätte. Ich kaufte die ersten Zwetschgen und frisch geerntete Äpfel, denn in letzter Zeit hatte ich nicht gerade Geschmacksexplosionen auf meinem Gaumen (was Äpfel anbelangt).
Gleich gegenüber und wirklich mitten im Zentrum liegt die Stadtbibliothek, die in einem grossen historischen Gebäude aus dem Jahre 1780 untergebracht ist und das damals einem Geschäftsmann als Wohnhaus diente.
Im „Hübscherhaus“, wie das Gebäude heisst, wollte ich mich unbedingt umsehen. Man will schliesslich wissen, was andere Bibliotheken interessant macht. Es war ein reges Kommen und Gehen. Kein Wunder, gibt es doch im Erdgeschoss auch ein Café, was den Ort noch attraktiver macht. Das „Café Littéraire“ verfügt zudem über eine schöne Sonnenterrasse. Dieses prächtige Haus ist ein Treffpunkt für gross und klein. Auf vier Etagen, das Untergeschoss mitgezählt, findet man aus allen Bereichen Lesenswertes und Informatives. Vor allem sind die alten Öfen bemerkenswert, wie Schweden- oder Kachelöfen, die noch in einigen Räumen zu bewundern sind.
In allen Räumen gibt es bequeme Sessel zum Verweilen und/oder Arbeitstische. Die Mütter und Väter kommen schon mit den Kleinsten hierher und werden durch das Bilderbuch ans spätere Lesen herangeführt, was mich natürlich besonders freut.
Dann ging es weiter, hinaus in die Gassen, die zum Flanieren regelrecht einladen. Die Kleinstadt Aarau, mit etwas knapp über 20’000 Einwohnern, wurde bereits 1248 gegründet und war 1798, unter französischer Besatzung, für einige Monate sogar helvetische Hauptstadt. Es gibt noch etliche Häuser aus jener Zeit, wie die Jahreszahlen über den Türen zeigen. Mein Blick war hauptsächlich nach oben gerichtet, denn für einmal ging es um die Dachunterseiten. Aarau wird „die Stadt der schönen Giebel“ genannt und was man hier zu sehen bekommt ist einzigartig. Ein Giebel überbietet den anderen in seinen reichen Malereien. Mehr als 70 solcher Häuser soll es geben. Mir tat nach dem Rundgang beinahe das Genick weh, aber es lohnt sich, die Augen nach oben wandern zu lassen.
Zwischendurch sollte man aber auch nach unten gucken, sonst könnte ein Fehltritt zu nassen Füssen führen, denn es zieht sich ein offener Wasserkanal durch die Gassen und das Plätschern begleitet den Spaziergänger.
Für Speis und Trank gibt es genügend Cafés und Restaurants. Bei diesem schönen Wetter waren die Tische gut besetzt. Ich schloss meinen Rundgang wieder bei der Bibliothek ab, diesmal aber im Café. Im Schatten las ich noch einige Seiten im mitgebrachten Buch und gönnte mir eine herrliche Erfrischung, in Form eines frisch gepressten Melonensaftes.
Was mich zusätzlich gefreut hat, dass ich auf auf kleinstem Raum auf insgesamt fünf Buchhandlungen gestossen bin, die alle wenige Minuten voneinander entfernt sind!
Ein schöner und lohnender Ausflug war das, in eine Kleinstadt im Nachbarkanton.