Wenn einer recherchiert …

„Vortrag über das Leben von Annemarie Schwarzenbach“ oder so ähnlich, las ich kürzlich in unserem Kirchenblättchen. Der Vortrag über die Schweizer Autorin und Journalistin Annemarie Schwarzenbach wochentags am Morgen statt. Super, da konnte ich nicht hin, obwohl mich der Vortrag interessiert hätte.

Am nächsten Abend rief mich meine Mutter voller Begeisterung an und erzählte von diesem Anlass, der ihr Interesse für Annemarie Schwarzenbach geweckt hat. Ich versprach, dass ich ihr Bücher über sie besorgen werde. Eventuell fand sich etwas in meinem Bücherregal, denn ich hatte schon Reiseaufzeichnungen gelesen.

Bei einer Räumungsaktion sind wahrscheinlich die Titel, die ich hatte, meiner Entsorgungswut zum Opfer gefallen, denn ich fand nichts mehr. So führte mich mein Weg nach der Arbeit ins Antiquariat vor Ort. Der Laden hat System, so ist doch mindestens eine Wand den Schweizer Schriftstellern gewidmet und die Autoren sind alphabetisch eingereiht. Dadurch wurde ich schnell fündig, allerding war nur ein Buch vorhanden, aber das ist schon mal besser als gar nichts.

Dann suchte ich im Internet nach weiterem Material und stolperte auf die Website des Museums Strauhof, in Zürich. Im Jahre 2008 war Annemarie Schwarzenbach eine Ausstellung gewidmet, wo ich dann auf Publikationen stiess, von der mich selber eine interessierte „Fast eine Liebe“ Annemarie Schwarzenbach und Carson McCullers, von Alexandra Lavizzari. Das Buch ist nur noch antiquarisch erhältlich, obwohl es erst 2008 erschienen ist. Die Suche im Internet war erfolgreich. Dann ging ich in eine der beiden Buchhandlungen im Ort. Es gibt einen Verlag (Huber Verlag), der sich stark um die Klassiker der Schweizer Literatur bemüht, d.h. auch um Autoren aus der italienischen und französischen Schweiz, die leider teilweise in Vergessenheit geraten sind oder die man kaum kennt. In dieser Reihe fand ich eine Biographie und als ich zahlen wollte, kam ich mit dem Buchhändler ins Gespräch.

„Annemarie Schwarzenbach? Sie wird immer noch gelesen“, stellte der Mann fest und ich erklärte ihm, weswegen ich nach Büchern von und über die Autorin suchte. Er meinte, er hätte bestimmt noch weitere Titel von ihr im Regal und begann selber zu suchen.

„Das glückliche Tal“ musste er mir nicht mehr zeigen, das hatte ich bereits antiquarisch besorgt (viel Geld gespart!). Dann zeigte er mir einen Fotoband von Renée Schwarzenbach-Wille. Den schaute ich mir einmal genauer an und las das Kurzporträt über Renée. Es war die Mutter von Annemarie, der Name Wille geht auf ihren Vater zurück, der während des 1. Weltkrieges General der Schweizer Armee war und Renées Mutter war eine „von Bismarck“. Und so geht das dann immer weiter mit diesen grossen Namen. Wir begannen uns über General Wille zu unterhalten. „Wenn sie antiquarisch von Meienberg „Die Welt als Wille & Wahn“ finden, das Buch ist sehr interessant und ich kann es Ihnen wärmstens empfehlen“, meinte der Buchhändler.

„Sprechen Sie von Niklaus Meienberg?“ (Anmerkung: das war einer der Schweizer Journalisten des 20. Jahrhunderts), fragte ich.

„Ja, genau, den“, bekam ich zur Antwort. Ich bedankte mich für den Tipp und wohin meine Fahrradtour wohl führte, ist leicht zu erraten.

Ich stürzte also erneut ins Antiquariat, grüsste und sagte, dass ich schon wieder da sei, eilte vor das „Schweizer Schriftsteller“-Regal vor den Buchstaben M und …

… auch dieses Buch gab es hier, (unglaublich was man alles so leicht findet) und es sah aus, als hätte es kaum jemand aufgeschlagen!

Ich erklärte dem Antiquar, weshalb ich das Buch wolle und wie toll es sei, dass ich es gleich gefunden hätte. Er überlegt einen Moment, hält mir seine hohle Hand hin, und sagt wie aus der Pistole geschossen: „Hundert Franken!“

Lachend entgegnete ich: „Tut mir leid für Sie, zu spät, das Buch ist mit vier Franken angeschrieben!“ Zahlte und wünschte einen schönen Abend.

Ja, und wenn ich noch weiter über Annemarie Schwarzenbach recherchiere und mir wieder einer einen Tipp gibt, dann hört das nie auf und die Kreise dehnen sich aus, verästeln sich wie das Netz von Blutadern und dann radle ich zwischen Buchhandlung und Antiquariat hin und her. Denn, welchen Namen hatte Annemaries Grossmutter mütterlicherseits? Gräfin von Bismarck – hochinteressant – muss ich gleich mal recherchieren!