Das belesene Wirtshaus

Auf unserer Reise von Jütland nach Fünen machten wir in Middlefart, das am Kleinen Belt liegt, Halt und genossen die Sonne bei einer Tasse Kaffee im Wirtshaus Guldkronen.

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Als ich den Gasthof betrat, staunte ich nicht schlecht, was ich da zu sehen bekam: Regal an Regal reihte sich, in denen in Leder gebundene Bücher standen. Da fanden sich die gesammelten Werke Dostojewskis neben denen von Charles Dickens. Auch der dänische Dichter Holger Drachmann fehlte nicht, dessen Grab wir in Nordjütland am äussersten Zipfel Skagens gesehen hatten.

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Was hatte es sich mit dieser Bibliothek in einem Wirtshaus auf sich? Der Wirt, der sehr gut deutsch sprach, gesellte sich zu uns und von ihm wollte ich es genauer wissen. Henrik Rasmussen ist auch ein Scherzkeks und er gab zur Antwort, dass die Gäste ein wenig Bildung gebrauchen könnten, nicht zuletzt auch der Bürgermeister und zeigte nach Nebenan, wo einige Einheimische, unter ihnen auch der Bürgermeister der Stadt, beim Frühschoppen sassen.

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Spass beiseite: Die Bibliothek gehörte seinem Vater, der sie kurzerhand in die Gaststube stellte. Eine ungewöhnliche, aber sehr sympathische Idee, die mir natürlich gefallen hat. Der Wirt gab uns auch einen Prospekt seines Gasthofes mit, in dem die Geschichte des Hauses erzählt wird und worin ich folgendes Foto gefunden habe:

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Dieser Gast schlief 1960 in der Gaststube den Schlaf des Gerechten. Ein Witzbold platzierte die Dänische Flagge neben ihm auf den Tisch und stellte sie auf Halbmast. Er hatte ganz bestimmt kein Interesse mehr in einem Buch der Bibliothek zu blättern.

Wir setzten unseren Rundgang im Ort fort und fanden die öffentliche Bibliothek der Stadt nicht weit entfernt. Sie liegt am Yachthafen und ist lichtdurchflutet, da an Glas nicht gespart wurde. Mit dem schönen Ausblick über den Belt könnte man die Bücher dann glatt vergessen.

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Auf den Spuren von Hamlet

Hamlets Grab

Navigationsgeräte haben manchmal an sich, dass sie den Fahrer über seltsame Wege ans Ziel führen wollen. Sei’s drum, diesmal war das sogar okay. Meine Augen schweifen umher und bleiben an einer leicht zu übersehenden Beschilderung hängen, wo ich was von Hamlet lese, doch das Hirn transportiert die Information nicht sofort zu meinem Stimmorgan. Deshalb fährt mein Partner schon zügig an der Abzweigung vorbei, als ich endlich „Stopp“ rufe. Bitte umdrehen, ich will wissen, was dort zu sehen ist. Der Weg führt uns an einem Bauernhof vorbei, die Strasse ist gerade einmal Autobreit und dann stehen wir da vor einem mächtigen Stein:

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Dann lesen wir die Informationstafel, auf der Folgendes geschrieben steht:

„Willkommen am „Hamlets Grab“, das eigentlich ein Hügelgrab der Bronzezeit ist. Der Ortsname „Ammelhede“ tritt in einer Sage als Grabstätte des Eisenzeitkönigs Amled auf, die von dem ersten grossen dänischen Historiker Saxo um das Jahr 1200 herum, niedergeschrieben wurde. Diese Sage inspirierte Shakespeare zu seinem berühmten Schauspiel „Hamlet“. Auf diesem Hintergrund erfolgte 1933 die Errichtung des Gedenksteins auf dem Hügel. Das Gebiet birgt reiche Funde aus fast der ganzen Urzeit – u.a. eine grosse Siedlung aus der Steinzeit bei Stavnsager 1 km in südliche Richtung. Es ist deshalb nicht undenkbar, dass hier früher einmal, sehr mächtige Menschen angesiedelt waren.“

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Von diesem Platz hat man einmal mehr einen schönen Blick über das Land. Weit und breit kein Mensch zu sehen, nur Natur und Vogelgezwitscher.

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Das Hamlet-Schloss in Helsingør

Beabsichtigt war das nicht, dass wir ausgerechnet in Helsingør, auf Seeland, Station machen würden. Schon vor dem Hotel werden wir von einer Hamlet-Statue begrüsst. Unser Blick reicht über den Öresund nach Schweden und rechts von uns sehen wir das Schloss Kronborg, das Hamlet-Schloss.

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Das Schloss und Helsingør bieten eine grossartige Kulisse für die Tragödie des Prinzen Hamlet von Dänemark. Weshalb aber hat Shakespeare Kronborg für sein Stück gewählt? Der Name Kronborg wird darin nicht erwähnt, doch das Geschehen ist auf dem Schloss von Helsingør angesiedelt. Die Tragödie von Prinz Hamlet basiert auf Dänischen Quellen. Die Geschichte datiert zurück bis zu Saxos Chroniken über die Heldentaten der Dänen „Gesta Danorum“, die um 1200 niedergeschrieben und 1514 gedruckt wurden. Es ist unwahrscheinlich, dass Shakespeare diese gelesen hat. Doch die Geschichte über den Dänischen Prinzen, der den Mord an seinem Vater rächt, wurde in ganz Europa gelesen und entsprechend ausgeschmückt. Um 1590 gab der Dramatiker Thomas Kyd dem Werk den Charakter eines Rache-Dramas, das Shakespeare inspiriert haben muss, dass er 1600 „Die tragische Geschichte Hamlets; Prinz von Dänemark“ schrieb.

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Gerüchte vom neu erbauten Schloss Frederiks II. und dessen prächtige Feste, die dort stattfanden, hatten sicher auch England erreicht. Nach 1600 wurde Helsingør in der ganzen Welt bekannt, nachdem das prächtige Renaissance Schloss vollendet war. Die Festung und die eindrucksvolle königliche Residenz sollten die Macht und die Position des Königs vor Freunden und Feinden gleichermassen demonstrieren.

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Wie kam es nun dazu, dass Shakespeare von diesem Schloss gehört hatte? War er selber hier? Hat er es mit eigenen Augen gesehen? Im Stück sind viele Details des Lebens im Schloss und in der Stadt beschrieben, so dass der Eindruck entsteht, dass Shakespeare in Helsingør war. Man weiss, dass einige Schauspieler, die später zu seiner Theatertruppe stiessen, 1585 und 1586 im Schloss spielten. Ab 1590 gibt es einige Jahre in Shakespeares Leben, in denen kaum etwas über seinen Aufenthaltsort bekannt ist. Die Experten sind sich uneinig, ob Shakespeare nun tatsächlich in Helsingør war. Aber schlussendlich spielt das für uns keine Rolle.

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Festspiele im Schloss

Alljährlich im Monat August finden die Hamlet-Festspiele auf Schloss Kronborg statt, einerseits wird das Theaterstück aufgeführt und auch die Verfilmungen werden gezeigt. Über die Jahre hinweg, haben Stars dem Stück „Hamlet“ immer wieder Leben eingehaucht, wie Laurence Olivier, John Gielgud, Richard Burton, Kenneth Brannagh oder Jude Law.

Das Schloss sollte man aber nicht nur wegen Hamlet besuchen. Es lädt auch sonst zu einer Besichtigung ein, nicht zuletzt wegen der Tapisserien, der Schlosskapelle oder dem Ballsaal, der 1585 der grösste seiner Art in Nordeuropa war, er misst 62 x 12 m. Die Grösse des Baus wird einem erst bewusst, wenn man in der Anlage zu Fuss unterwegs war und die Treppen rauf und runter gestiegen ist. Ein Besuch des Schlosses und der Stadt kann ich jedem, der in der Gegend ist, wärmstens empfehlen.

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Hier lang zur Bibliothek

Auf unserer Reise durch Dänemark ist mir aufgefallen, dass praktisch in jeder Ortschaft, in der es eine Bibliothek gibt, diese mit einem Wegweiser ausgeschildert ist. Diese Einrichtung kann man also nicht verfehlen. Ich finde das sehr lobenswert und sollte auch bei uns eingeführt werden. Überhaupt bin ich ständig über Bibliotheken „gestolpert“. Sie zogen mich magisch an.

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In Frederikshavn lag unser Hotel gleich um die Ecke zur Bibliothek. Also, stattete ich dieser einen Besuch ab, um mich auf fremdem Terrain umzusehen. Natürlich wollte ich gleich einmal wissen, ob auch Schweizer Autoren vertreten sind. Man soll nichts überstürzen, deshalb entschied ich mich für einen Klassiker und ging zum Regal mit dem Buchstaben F wie Frisch.

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Max Frisch ist also vertreten. Bei den zeitgenössischen Autoren gab ich die Suche ziemlich rasch auf, denn die, die mir spontan in den Sinn kamen, waren nicht vorhanden.

Fällt euch etwas auf an der Reihe? Richtig, die Einbände sind alle gleich gestaltet und was für mich auch neu war, dass von einem Titel mehrere Exemplare im Regal standen. So etwas habe ich noch nie gesehen. Da hätte also auch ich einmal die Chance, zum Buch meiner Wünsche zu kommen. Bei uns ist sicher immer jenes Buch ausgeliehen, das ich auch lesen möchte.

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Im gleichen Gebäude, nur durch einen Zwischengang getrennt, ist das Kunstmuseum untergebracht, in welchem eine Sammlung zu sehen ist, die ebenfalls mit Büchern zu tun hat:

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Die Ex Libris-Sammlung umfasst ca. 250’000 Arbeiten, auch solche von Künstlern der Gegenwart. Wer sich dafür interessiert und in der Gegend ist, sollte sich diese Sammlung unbedingt ansehen.

Ex Libris

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Der grosse Märchenerzähler

„Die Prinzessin auf der Erbse“, „Des Kaisers neue Kleider“, „Das hässliche Entlein“, „Die Nachtigall“ sind nur einige Märchen des grossen dänischen Märchenerzählers, Hans Christian Andersen.Andersen_11

Wir sind in Dänemark unterwegs und fahren auf die Insel Fünen nach Odense, einer Stadt mit rund 170‘000 Einwohnern, mitten auf der Insel. Hier, im damaligen Armenviertel, wurde Hans Christian Andersen im Jahre 1805, als einziger Sohn eines armen Schuhmachers und einer Wäscherin geboren. Heute schlendert man durch die alten Gassen mit seinen bunten und herausgeputzten Fachwerkhäusern, so dass man sich kaum vorstellen kann, dass hier einst die Armut zu Hause war. Das Haus, in dem der Märchenerzähler geboren wurde, ist ins Hans-Christian Andersen-Museum mit einbezogen.

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Hans Christian Andersen war erst elf Jahre alt, als sein Vater im Alter von 34 Jahren starb. Mit vierzehn Jahren verliess er das Elternhaus und ging nach Kopenhagen, wo er als Schauspieler zum Theater gehen wollte. Da ihm dies nicht gelang, versuchte er es als Sänger. Grossartig, dass er weder als Schauspieler, noch als Sänger reüssierte und die ersten Gedichte schrieb. Was hätten wir Leser in der ganzen Welt verpasst, gäbe es seine Märchen nicht!

Andersens Reisen

Andersen war zeit seines Lebens auf Reisen. Wenn man weiss, wie umständlich das Reisen und wie schwer das Gepäck damals war, ist es beachtlich, dass der Dichter 30 Reisen unternahm. Der Mann hatte dabei auch eine spezielle Marotte. In seinem Reisegepäck führte er ein neun Meter langes Seil mit sich, für den Fall, dass die Herberge brennen und er sich im Notfall abseilen könnte.

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Andersens Reisegepäck

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sein 9-Meter Seil für Notfälle

Er fuhr viele Male nach Dresden, wo er Freunde hatte. Während dem Zweiten Schleswig-Holsteinischen Krieg wurden seine Reisen für eine Weile unterbrochen. Er kam bis nach Italien und Spanien, selbst ins Osmanische Reich und eine Reise führte ihn nach England, wo er mehrere Wochen im Hause von Charles Dickens weilte. Im Gegensatz zu Andersen, der gerne mit Dickens in Kontakt geblieben wäre und vom britischen Autor sehr angetan war, stiess seine Begeisterung nicht auf Gegenliebe. Da Andersen nur leidlich Englisch sprach, schleppten sich die Gespräche dement-sprechend dahin und die Dickens fanden den dänischen Gast ziemlich anstrengend.

H.C. Andersens Reisevisum

Der Scherenschnitt-Künstler

Andersen war nicht nur ein Meister im Erzählen, sondern auch ein Künstler im Umgang mit der Schere. Er fertigte Scherenschnitte an und bebilderte damit seine Geschichten. Für die Kinder einer Freundin, Jonna Stampe, fertigte er insgesamt drei Bilder-Bücher an und vervollständigte sie mit seinen Scherenschnitten.

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Scherenschnitt (Mai 1864) den Andersen dem Basar für dänische Gefangene im Krieg gegen Deutschland, zugutekommen liess

Jonna Stampe schrieb an ihn:

“Danke lieber Andersen

Sie haben den Kindern eine große Freude mit den Dingen, die Sie für sie ausgeschnitten haben, gemacht … viele der kleinen Verse in den Kinder-Büchern, die Sie geschrieben haben, werden bereits von der kleinen Christine aufgesagt, die über „Arnsen“ spricht, als ob sie sich an Sie erinnern könnte.”

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Dieses Buch stammt aus dem Jahre 1852 und war Astrid Stampe gewidmet (1853 – 1930)

Andersen war sehr häufig bei Freunden zu Gast. Überall wo er hinkam, fiel er mit seiner grossen Statur (1 Meter 85) auf. Galt er auch nicht als schöner Mann, die Kinder mochten ihn, weil er ihnen immer Geschichten erzählte, sie mit ins Theater nahm oder seine Bücher mit Bildern bereicherte. Oft verteilte er Kopien seiner Geschichten, wenn diese gedruckt waren.

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Hans Christian Andersen lebte ab seinem vierzehnten Lebensjahr, als er von zu Hause wegging, alleine. Er war nie verheiratet. Als er ein junger Mann war, hatte er die finanziellen Mittel nicht, um sich eine Frau zu nehmen. Als er genug Geld hatte, war er bereits ein älterer Mann und es war zu spät für ihn, eine Familie zu gründen. Sein einziges richtiges Domizil hatte er mit einem Zimmer in Kopenhagen. Dieses Zimmer ist im Museum mit all seinen persönlichen Gegenständen originalgetreu nachgebaut und eingerichtet.

In einem Raum des Museums reiht sich Regal an Regal. Märchenbücher in Übersetzungen aus aller Herren Länder stehen hier: von Afrikaans über Schweizerdeutsch, Russisch oder Urdu ist fast jede Sprache vertreten.

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„Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“ (1845) Kalligraphie von Cheng Xu Xie
(links) / „Das hässliche Entlein“ in Urdu (rechts)

Der Besucher kann sich Märchen in einigen Sprachen anhören, eine Geschichts-Reise in Andersens Epoche machen, Bilder betrachten, die Künstler aus Andersens Märchen umgesetzt haben usw.

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Künstler setzen seine Bücher und Märchen um
„Die wahre Geschichte meines Lebens“ / „Die Nachtigall“

Und dann müssen wir uns beeilen, in wenigen Minuten schliesst das Museum. Mit vielen neuen Eindrücken verlassen wir das Gebäude und schlendern noch durch die Gassen mit Häusern aus dem 17. Jahrhundert. Einige Strassen weiter stehen wir vor dem Haus, in dem Hans Christian aufgewachsen ist und nur einen Steinwurf entfernt, um die nächste Ecke, stehen wir vor der Kirche des Heiligen Knud, wo Andersen konfirmiert wurde.

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In diesem Haus ist H.C. Andersen aufgewachsen

Noch schnell huschen wir hinein und staunen in die Höhe des Gotteshauses, bevor auch hier die Türen geschlossen werden.

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Portal zur Kirche „Heiliger Knud“ / Gedenkstein in der Kirche

Ich hatte eine Farm in Afrika…

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„Ich hatte eine Farm in Afrika, am Fuße der Ngong-Berge…“

Mit diesen Worten beginnt der Roman „Afrika, dunkel, lockende Welt“ der dänischen Schriftstellerin Karen Blixen, im deutschsprachigen Raum besser bekannt als Tania Blixen, der 1937 erstmals erschien. Ihr vollständiger und wirklicher Name: Karen Christence von Blixen-Finecke, geborene Dinesen. Sie wurde am 17. April 1885 in Rungstedlund geboren und starb dort am 7. September 1962.

Genau an diesen Ort, 22 Kilometer nördlich von Kopenhagen, hat es uns, während unseres Dänemark-Urlaubs, hingezogen. Das Haus, in dem Karen Blixen bis zu ihrem Tode wohnte, ist seit 1991 ein Museum. Die Privaträume können zu vorgegebenen Zeiten besichtigt werden und der grosse Park, mit altem Baumbestand, lädt den Besucher zu einem Spaziergang ein.

Die jungen Jahre

Die junge Karen Blixen hat bereits ihre Geschichten mit Bildern versehen

Karens Vater, Wilhelm Dinesen war Offizier, Schriftsteller und Politiker, und lebte einige Zeit in Wisconsin (USA). Unter anderem hat Karen Blixen auch unter dem Pseudonym Osceola (ein Repräsentant der Seminolen) einige Kurzgeschichten veröffentlicht. Überhaupt liebte die Schriftstellerin das Spiel mit Pseudonymen. Im englischsprachigen Raum erschienen ihre Romane unter dem Namen Isak Dinesen heraus

Zu ihrem Vater hatte Karen ein gutes Verhältnis. So war es für sie ein Schock, als sich ihr Vater, im Alter von fünfzig Jahren, das Leben nahm, nachdem ihm die Diagnose von Syphillis mitgeteilt worden war. Karen war damals erst zehn Jahre alt. Zurück blieb seine Frau mit den fünf Kindern (drei Mädchen und zwei Knaben). Nach dem Schulabschluss begann Karen in Kopenhagen ein Studium der Malerei und fing auch an zu schreiben. Bereits 1907 veröffentlichte sie erste Kurzgeschichten.

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„Ein junges Kikuyu Mädchen“ (Karen Blixen / Öl auf Leinwand) 1923
eine Nachbildung von Karen Blixens Füller

1909 verliebte sich Karen in Hans von Blixen. Er stammte aus einer schwedischen Adelsfamilie. Seine Mutter war die Cousine von Karens Vater. Hans von Blixen war an der jungen Frau jedoch nicht interessiert. So verlobte sie sich mit dessen Zwillingsbruder Bror. Gemeinsam wollten sie nach Afrika, um in Kenia eine Milchfarm zu betreiben. Bror reiste 1913 voraus und kaufte eine Farm in der Nähe von Nairobi. Was er Karen jedoch verschwieg, war, dass er keine Milchfarm, sondern eine Kafffeeplantage erworben hatte. Die Anbaugebiete lagen auf 1700 Metern, was für damalige Verhältnisse praktisch ein Ding der Unmöglichkeit für den Anbau von Kaffee darstellte. Erst in Afrika heirateten die beiden.

In Afrika

Siebzehn Jahre lebte Karen Blixen in Kenia, allerdings waren sie und ihr Mann alles andere als erfolgreich. Einerseits machte ihnen der Ausbruch des 1. Weltkrieges einen Strich durch die Rechnung, andererseits war Bror nicht wirklich an der Landwirtschaft interessiert. So hing die ganze Arbeit an Karen. Ihr Mann ging lieber auf Grosswildjagd und vertrieb sich die Zeit mit anderen Frauen. Die Farm wurde mit dem Vermögen von Karens Familie gekauft. Bror selber war pleite und gab das Geld der Dinesens grosszügig aus.

1915 erkrankten er und Karen an Syphilis. Karen liess ihre Krankheit in Europa behandeln. Sie unterzog sich dabei einer neuartigen Therapie, bei der man ihr Quecksilber spritzte. Die Syphilis wurde damit zwar gestoppt, ihr Körper dagegen vergiftet, was schwerwiegende Folgen für ihr weiteres Leben haben sollte.

In Kenia lernte Karen 1918 einen Mann kennen, der ihre grosse Liebe werden sollte, den britischen Armee-Offizier und Großwildjäger Denys Finch Hatton. Nachdem Karen im Januar 1925 von Bror geschieden wurde, zog Denys, der zuvor oft auf der Farm übernachtet hatte, ganz bei Karen ein. Die Autorin wurde zweimal von ihrem Geliebten schwanger und erlitt zweimal eine Fehlgeburt. An der zweiten Fehlgeburt war ein Telegramm von Denys sicher nicht ganz unschuldig, in dem er Karen aus London mitteilte, dass er nicht bereit sei, die Verantwortung für das Kind zu übernehmen. 1929 trennte sich das Paar. 1931 kam Denys bei einem Flugzeugabsturz ums Leben und wurde von Karen in den Ngong Hills begraben.

Im gleichen Jahr gab Karen schweren Herzens die Farm auf und kehrte zurück nach Dänemark.

Zurück in Rungstedlund

Karen Blixens Arbeitszimmer in Rungstedlund trägt den Namen „Ewalds Room“, so benannt nach dem dänischen Dichter Johannes Ewald, der hier gesundheitshalber von 1773 – 1775,  im damaligen „Rungstedlund Inn“, einquartiert war.

Karens Vater benutzte das Zimmer als Büro und an seinem Schreibtisch entstanden ihre ersten Bücher. Auf ihrer kleinen Schreibmaschine der Marke Corona, aus dem Jahre 1918, entstanden hier noch viele weitere Erzählungen und Novellen. Von diesem Zimmer hatte sie einen wundervollen Blick auf den Øresund.

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Karen Blixen an ihrer Schreibmaschine

An der Wand hinter dem Schreibtisch hängen afrikanische Waffen und zwei Fotografien von Denys Finch-Hutton, die zum Teil ihres Gute-Nacht-Rituals in Karen Blixens Leben gehörten.

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Ewalds Zimmer

Im Winter musste die Autorin diesen Platz oft verlassen. Wenn der steife Wind durch die Ritzen zog, hielt sie sich im „Grünen Zimmer“, das nach hinten, gegen den Park gerichtet ist, auf. Im „Grünen Zimmer“ wurden in der Regel ihre Gäste untergebracht.

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Karen Blixen vor Ewalds Zimmer (1942), und heute

Ab den 1950er-Jahren hatte die Autorin kaum noch die Kraft, um zu schreiben, sie wurde aber noch oft im Radio übertragen. Unter dem Dach im Museum konnte ich in einem bequemen Sessel Platz nehmen, die Kopfhörer aufsetzen und Karen Blixens Stimme lauschen. Die letzten sieben Jahre ihres Lebens waren geprägt von Krankheit. Trotzdem unternahm sie im Jahre 1959 noch eine USA-Reise, bei der sie unter anderem die Schriftsteller/in Carson McCullers, Arthur Miller und dessen Ehefrau Marilyn Monroe traf.

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Marilyn Monroe, Carson McCullers, Karen Blixen und Arthur Miller (von links oben)

Als sie wegen ihres schlechten Gesundheitszustands auf Sekretariatshilfe angewiesen war, korrigierte sie oft die Manuskripte am runden Tisch vor der Chaise longue.

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Das Wohnzimmer, das neben Ewalds Zimmer liegt, wurde noch durch Karens Mutter sehr geschmackvoll eingerichtet

Die letzte Ruhestätte

Bei schönem Wetter gehört ein Spaziergang durch den Park einfach dazu. Folgt man dem Weg, kommt man zu dem schlichten Grab der Autorin. Wir haben eigenhändig die Grabplatte von herabgefallenen Blättchen befreit, damit man den Namen, der auf der Grabplatte eingraviert ist, wieder lesen konnte. Hinter dem Grab steht eine mächtige alte Buche, die über Karen Blixen zu wachen scheint, die zum Zeitpunkt ihres Todes gerade noch 35 Kilo wog. Es war ihr Wunsch, an diesem Ort begraben zu werden.

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Karen Blixens Grab

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Karen Blixen kurz vor ihrem Tod

In der ganzen Anlage fallen einem bunte Vogelhäuschen auf. 200 Stück sind an den Bäumen angebracht und bieten den Vögeln Nistplätze, die regelmässig von den Ornithologen kontrolliert werden. Auch ein Blumengarten darf nicht fehlen, aus ihm kommen die Blumen, die in Vasen arrangiert, im Haus verteilt stehen.

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Nistkästen im Park

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Der Garten

Karen Blixens Traum wird endlich wahr

Karen Blixen hat noch vor ihrem Tod dafür gesorgt, dass ihr Haus eine Stiftung wird. Sie verfügte, dass die Öffentlichkeit Zugang zum Haus haben sollte. Noch zu Lebzeiten Karen Blixens musste das Haus restauriert werden und die Holzöfen sollten einer Zentralheizung Platz machen. Badezimmer waren ebenfalls dringend nötig. 1962, als Blixen starb, war die Stiftung hoch verschuldet. Die Renovation hatte mehr Geld verschlungen als erwartet. Erst der Oscar gekrönte Film „Out of Africa“ aus dem Jahre 1985, mit Meryl Streep und Robert Redford in den Hauptrollen, der nach dem autobiographischen Roman „Afrika, dunkel, lockende Welt“ und „Schatten wandern übers Gras“, entstanden ist, verhalf den Verkauf ihrer Bücher wieder anzukurbeln und Geld in die Stiftung zu spülen. So dass 1991 endlich das Karen Blixen-Museum eröffnet werden konnte.

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Karen Blixen 1943 / die Brücke im Park heute